Zur Geschichte der Seilbahnen

Vor vierzig Jahren hätte in Tux und Finkenberg wohl kaum jemand gedacht, dass sich unweit des Werksgeländes eines Tages einmal Wintersportler tummeln würden. Die Historie der Region ist eine Geschichte vom Bergbau zur Bergbahn.

Von weitem ist ein dumpfes Grollen zu hören, aber Gewitter ist keines auszumachen. In der Mittagssonne leeren Arbeiter das taube Gestein über die Sturzhalde am „Kristaller“ ab. Während unterhalb davon Rauch aus dem hohen Kamin des Rotierofens aufsteigt, sind andere Arbeiter gerade am Weg in die Kantine. Bis zu 400 Menschen verdienten fast 60 Jahre lang im Magnesitwerk Tux ihr tägliches Brot.

Franz Warum besucht regelmäßig das ehemalige Werksareal. (C) Florian Warum
Franz Warum besucht regelmäßig das ehemalige Werksareal. (C) Florian Warum

An die 40 Familien lebten nicht nur vom, sondern auch im Werk. Zur Infrastruktur gehörten neben einigen Wohnhäusern, auch eine Kantine, ein Lebensmittelgeschäft, ein Kino sowie eine einklassige Volksschule und ein Arzt. Vier Jahrzehnte nach der Schließung – letzte Schicht kurz vor Weihnachten 1976 – ist davon fast nichts mehr zu sehen. Auskunft über die Vergangenheit der Region können nur mehr Zeitzeugen geben.

„Mit einem Sessellift wurden ab Jänner 1953 die Arbeiter zum Tagbau gebracht. Dieser Lift diente im Winter auch als Skilift. Die Werkssportgemeinschaft veranstaltete auch Skimeisterschaften“, berichtet der Seilbahnkonstrukteur und Leiter der Seilbahnabteilung im Werk Tux, Franz Warum. Er hatte sowohl früher mit dem Bergbau als auch später mit der Seilbahnwirtschaft zu tun.

Vom Bergbau zur Bergbahn: Pioniere erschlossen Eggalm und Gletscher

Vermessungen für den Bau der Eggalmbahn: Ferdinand Feichter und DI Kurt Gödl mit Ing. Franz Warum (von links). (C) Archiv Franz Warum
Vermessungen für den Bau der Eggalmbahn: Ferdinand Feichter und DI Kurt Gödl mit Ing. Franz Warum (von links). (C) Archiv Franz Warum

Die Vision eines Lifts sollte ihn nicht mehr loslassen, und zusammen mit einigen anderen machte er sich Gedanken über eine Erschließung der Eggalm. Langsam sollte die Gondelbahn die Materialseilbahn ersetzen, und die Pistenraupen, den Rotierofen. In Betrieb genommen wurde das kleine Skigebiet schließlich im Jahr 1963.

Lang davor, bereits 1949, wurde die Zillertaler Gletscherbahn als „Hintertuxer Skiliftgesellschaft“ mit den privaten finanziellen Mitteln von 8 Hintertuxer Bürger gegründet. Eine Einzelfahrt kostete damals einen österreichischen Schilling. Nachdem eine Lawine den Sessellift zerstörte, schaffte es die Gesellschaft aber fünf Jahre später einen neuen Schlepplift von Hintertux zur Bichlalm zu errichten, trotz finanzieller Probleme und großen unternehmerischen Risiko.

Pioniere in Hintertux: Franz Dengg
Pioniere in Hintertux: Franz Dengg

Später, 1965, wurde der Einsersessellift zur Sommerbergalm in Betrieb genommen, was als Startschuss für die Erschließung zum Hintertuxer Gletscher bezeichnet werden kann. Dem folgten u.a. der Bau des längsten Einseresselliftes Österreichs und die Eröffnung des Restaurants Tuxer Fernerhaus. Es waren eindeutige Zeichen dafür, dass der Tourismus in Tux an eine immer bedeutendere Position rückte. Skiläufer aus Nah und Fern begeisterten sich für die Region. Als weiterer Meilenstein kam zur Eggalm und zum Gletscherareal 1984 das Skigebiet Rastkogel, welches sich durch besonders familienfreundliche Pisten und die gute Sonnenlage auszeichnete.

Skilift am Hintertuxer Gletscher (Bild: Hintertuxer Gletscher)
Skilift am Hintertuxer Gletscher (Bild: Hintertuxer Gletscher)

Was es damals war – was es heute ist

Entlang des Grates (am oberen Ende der Holzstütze) verläuft heute die Panorama-Abfahrt vom Wanglspitz zum Penken. (c) Archiv Franz Berger
Entlang des Grates (am oberen Ende der Holzstütze) verläuft heute die Panorama-Abfahrt vom Wanglspitz zum Penken. (c) Archiv Franz Berger

Kommt man heute – mit dem Mountainbike oder bei einer Wanderung vom Penkenjoch in Finkenberg über das „Wangl“ – ins ehemalige Werksareal, dann sind die Werksanlagen nur noch auf einer Schautafel zu sehen. Überbleibsel sind noch ein Wohnhaus und die von  Hubert Prachensky geplante Barbarakapelle mit einem Fresko des international bekannten Tiroler Malers Max Weiler. Dafür hat sich aber der Hintertuxer Gletscher zur Österreichs einziges Ganzjahresskigebiet entwickelt und zählt zu den Top-Tourismusdestinationen Tirols, wie unzählige Auszeichnungen und Gütesiegel bestätigen. Eine detaillierte Chronik zur Entwicklung des Skigebiets kann man hier herunterladen.

Der Gletscher ist zu Österreichs einziges Ganzjahresskigebiet geworden
Der Gletscher ist zu Österreichs einziges Ganzjahresskigebiet geworden

Wo also früher 400 Menschen im Bergbau arbeiteten, vergnügen sich heute begeisterte Wintersportler und Touristen. Neben diesem historisch bedeutenden Gelände, wo so unterschiedliche Geschichten zusammenkommen, ist jetzt eine große Vielfalt an Routen zu finden, bei denen man stundenlang Sport treiben kann. Bei einer Abfahrt von der Bergstation der „150er Tux“ am Wanglspitz über die Panoramaabfahrt gelangt man am Ende bis zur Horbergbahn. Beide Bahnen verlaufen über dieselbe Trasse wie jene der ehemaligen Materialseilbahn des Magnesitwerks Tux, dienen aber heute den Wintersportlern.